Positionen

Unternehmerinitiative Bleiberecht: Kompromiss zum Bleiberecht schafft weder Planungs- noch Rechtssicherheit

Die von der Landesregierung verkündete Regelung zum Umgang mit gut integrierten Geflüchteten in Arbeit bleibt deutlich hinter den Erwartungen der Unternehmerinitiative Bleiberecht durch Arbeit zurück.
Zwar begrüßt die Initiative, der inzwischen fast 200 kleine, mittlere und große Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen angehören, grundsätzlich die von der Landesregierung angekündigte Absicht, über den Bundesrat eine Änderung des Beschäftigungsduldungsgesetzes zu erreichen, um die hohen Hürden für eine gesicherte Bleibeperspektive für abgelehnte Asylbewerber in Beschäftigung abzumildern. Ob diese Initiative allerdings zum Erfolg führt, erscheint angesichts der politischen Diskussionen, die im Vorfeld des Beschäftigungsduldungsgesetzes geführt wurden, mehr als fraglich.
Das von der grün-schwarzen Koalition nun aber vorgesehene Verfahren zur Überbrückung der Zeit bis zu einem eventuellen Erfolg der Bundesratsinitiative stößt bei der Unternehmerinitiative auf Unverständnis und Kritik. „Der nun vorgeschlagene Weg über die Härtefallkommission führt nicht zu Planungs- und Rechtssicherheit für die betroffenen Unternehmen und deren Mitarbeiter mit Fluchthintergrund. Viele rechtliche und prozedurale Fragen bleiben weiterhin offen“ so Vaude-Geschäftsführerin Antje von Dewitz und der Leutkircher Brauereichef Gottfried Härle, die die Unternehmerinitiative gegründet haben. „Das Schicksal und die Bleibeperspektive der gut eingearbeiteten Geflüchteten hängt damit ab von dem Zeitpunkt, zu dem sich die Härtefallkommission mit dem Antrag beschäftigt. Das ist keine Rechtssicherheit, sondern Willkür. Außerdem – das zeigen die Erfahrungen aus den letzten Jahren – werden nur etwa die Hälfte der Empfehlungen der Härtefallkommission vom Innenministerium dann auch tatsächlich umgesetzt.“ Weiter kritisiert die Unternehmerinitiative, dass nur Personen, die vor dem 29.02.2016 nach Deutschland eingereist sind, sich an die Härtefallkommission wenden können. Für alle anderen, die möglicherweise Aussicht auf eine Beschäftigungsduldung hätten, da hier als Stichtag der 01.08.2018 festgelegt wurde, bringt das nun vorgeschlagene Verfahren keine Lösung.
Aus Sicht der Unternehmerinitiative ist der Härtefall-Kompromiss insbesondere für kleine Unternehmen und Handwerksbetriebe, die oftmals existenziell auf ihre Mitarbeiter mit Fluchthintergrund angewiesen sind, nicht praktikabel. Der Gang zur Härtefallkommission erfordert in der Regel rechtsanwaltlichen Beistand und ist damit auch mit hohen Kosten verbunden. „So werden gerade diejenigen bestraft, die sich in den letzten Jahren besonders um die Integration von Geflüchteten in den Arbeitsmarkt bemüht haben“, so Gottfried Härle.
„Viel klarer und rechtssicherer wäre es gewesen, das Bleiberecht über die Erteilung von Ermessensduldungen aus öffentlichem Interesse entsprechend § 60a des Aufenthaltsgesetzes zu regeln“, so Markus Winter, einer der Sprecher der Unternehmerinitiative und Geschäftsführer der IDS-Holding GmbH. „Zahlreiche renommierte Asylrechtler – darunter auch der frühere Vizepräsident des Verwaltungsgerichts Sigmaringen – haben eine solche Vorgehensweise empfohlen. Und auch der Verwaltungsgerichtshof in Mannheim hat jüngst in einem Urteil auf diese Möglichkeit hingewiesen“. Es sei absolut unverständlich, weshalb die Landesregierung diesen Weg nicht beschritten habe.
Die Unternehmerinitiative wird ganz genau beobachten, ob weiterhin gut integrierte und beschäftigte Asylbewerber abgeschoben werden, wie dies in den letzten Wochen und Monaten vermehrt der Fall war. Nicht zuletzt daran wird sich die Praxistauglichkeit der jetzt gefundenen Regelung messen lassen müssen.

Kontakt: Unternehmerinitiative Bleiberecht, Talbauernstrasse 7, 88299 Leutkirch, Tel. 0174-8128993, www.unternehmer-initiative.com

Pressemitteilung

Leutkirch, 07.06.2019

Unternehmerinitiative Bleiberecht: Gesetz zur Beschäftigungsduldung ist wirtschafts- und integrationsfeindlich

Die Unternehmerinitiative „Bleiberecht für Geflüchtete in Arbeit“ übt scharfe Kritik an dem heute im Bundestag verabschiedeten Beschäftigungsduldungsgesetz. Dieses Gesetz, so die Initiative, der sich zwischenzeitlich mehr als 170 Unternehmen aus ganz Süddeutschland mit über 2.500 geflüchteten Mitarbeitern angeschlossen haben, bringt weder für die Betriebe Planungssicherheit noch für die dort beschäftigten geflüchteten Mitarbeiter eine sichere Bleibeperspektive.

„Die Hürden, die dieses Gesetz für ein Bleiberecht für Geflüchtete in Arbeit vorsieht, sind derart hoch, dass sie nur von ganz wenigen Asylbewerbern tatsächlich überwunden werden können“, so Gottfried Härle, einer der Gründer der Unternehmerinitiative. Insbesondere die Vorschrift, dass sich Geflüchtete vor Erteilung einer längerfristigen Aufenthaltserlaubnis zwölf Monate in einem Duldungsstatus befinden müssen, wird in aller Regel dazu führen, dass die Betroffenen in diesem Zeitraum abgeschoben werden. Härle weiter „Das ist genau das Gegenteil dessen, was unter dem Begriff ‚Spurwechsel‘ ursprünglich diskutiert wurde.“

Mit dem neuen Gesetz werden die Integrationsbemühungen von tausenden von kleineren und mittleren Unternehmen – insbesondere auch im Handwerk und im Pflegebereich – zunichte gemacht. Viele Betriebe befürchten erhebliche wirtschaftliche Einbußen, wenn ihnen die beschäftigten geflüchteten Mitarbeiter durch Abschiebungen wieder entzogen werden.

In mehreren Umfragen befürworten fast 80 Prozent der Bevölkerung, dass gut integrierten Geflüchteten, die hier Arbeit gefunden haben, eine Bleibeperspektive eröffnet werden soll. Die Unternehmen sind dringend auf diese Arbeitskräfte angewiesen. Und niemand kann verstehen, dass über ein Fachkräfteeinwanderungsgesetz Mitarbeiter aus anderen Teilen der Welt angeworben werden sollen, während gleichzeitig gut eingearbeitete Menschen in den Betrieben abgeholt und abgeschoben werden. Gottfried Härle, Brauerei Clemens Härle, Tel. 07561-9828-15, mobil: 0170-5465552, mail: gottfried@haerle.de

Gottfried Härle, Brauerei Clemens Härle, Tel. 07561-9828-15, mobil: 0170-5465552, mail: gottfried@haerle.de

Der neue Gesetzentwurf zur Beschäftigungsduldung:
eine Mogelpackung

Arbeit ist die beste Form der Integration: dieser Kernsatz prägte die Flüchtlingsdebatte in den Jahren 2015 und 2016 wie kaum ein anderer – vor allem wenn es darum ging, wie die Vielzahl an Menschen, die in diesen Jahren nach Europa geflüchtet sind, möglichst schnell in unsere Gesellschaft integriert werden können. Viele Unternehmen, vor allem auch im Handwerk und im Pflegebereich, folgten den Appellen von Politikern fast jeder Couleur und nahmen Geflüchtete in ihre Betriebe auf. Leicht war dieser Weg in vielen Fällen nicht:  oft fehlte es den neuen Mitarbeitern an Sprachkenntnissen, die Arbeitskollegen mußten auf die neuen Beschäftigten aus fremden Kulturen vorbereitet werden, Unterstützung bei Behördengängen und bei der Wohnungssuche nahmen neben der Einarbeitung viel wertvolle Zeit in Anspruch.

So ist es mittlerweile immerhin gelungen, dass bereits über ein Drittel der geflüchteten Menschen einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nachgehen. Viele haben sogar einen qualifizierten Ausbildungsplatz gefunden. Doch seit einigen Jahren werden immer mehr Unternehmer mit dem Problem konfrontiert, dass viele der neuen Mitarbeiter nach Abschluß der Asylverfahren abgeschoben werden oder ihre Arbeitserlaubnis wieder verlieren. Dies stößt in den Betrieben auf Unverständnis und Empörung.  Nicht nur aufgrund des großen Mangels an Arbeitskräften, der eine Nachbesetzung der betroffenen Stellen oft unmöglich macht, sondern auch aus humanitären Gründen. Wertvolles menschliches und wirtschaftliches Kapital, das in diese Menschen investiert wurde, wird über Nacht zunichte gemacht.

Leider wird das neue, im Bundestag unter dem Begriff „Beschäftigungsduldungsgesetz“ zur Zeit diskutierte Regelwerk an dieser Situation so gut wie nichts verändern: die Hürden, die dieses Gesetz für ein Bleiberecht für Geflüchtete in Arbeit vorsieht, sind derart hoch, dass sie nur von ganz wenigen Asylbewerbern tatsächlich überwunden werden können. Insbesondere die Vorschrift, dass sich Geflüchtete vor Erteilung einer längerfristigen Aufenthaltserlaubnis zwölf Monate in einem Duldungsstatus befinden müssen, wird in aller Regel dazu führen, dass die Betroffenen in diesem Zeitraum abgeschoben werden. Das ist genau das Gegenteil dessen, was unter dem Begriff „Spurwechsel“ ursprünglich diskutiert wurde. Das neue Gesetz wird Abschiebungen von beschäftigten Asylbewerbern beschleunigen – und das ist offenbar auch das Ziel der Koalitionsparteien.

In Umfragen dagegen befürworten fast 80 Prozent der Bevölkerung, dass gut integrierten Geflüchteten, die hier Arbeit gefunden haben, eine Bleibeperspektive eröffnet werden soll. Die Unternehmen sind dringend auf diese Arbeitskräfte angewiesen. Und niemand kann verstehen, dass über ein Fachkräfteeinwanderungsgesetz Mitarbeiter aus anderen Teilen der Welt angeworben werden sollen, während gleichzeitig gut eingearbeitete Menschen in den Betrieben abgeholt und abgeschoben werden. 

Gottfried Härle, Brauerei Clemens Härle, Leutkirch
Mitinitiator der „Unternehmerinitiative Bleiberecht“

Bleiberecht durch Arbeit